Wenn SPOBIS ist, kommen Denker und Entscheider aus der gesamten Welt des Sportszusammen. Wie viel Relevanz die Industrie einem Thema beimisst, liest man dann aus der Menge der Vorträge und Workshops ab, die es auf Europas größtem Sportbusiness Event zu sehen gibt. Esport stand dabei durchgehend auf dem Programm, aus gutem Grund.

Riot: Skepsis trifft auf Selbstbewusstsein

Esport wurde auf dem SPOBIS 2019 als Faktum und Chance verstanden und die geladenen Gäste unterstrichen dies. So präsentierte etwa Alban Dechelotte (Sponsorship und Busines Development, Riot Games) mit breiter Brust vor skeptischem Publikum:

„Wir haben jede Menge Dinge, die andere Bewerbe versuchen zu sein. Wir sind digital, Menschen spielen online und konsumieren online, und wir sind jung, richtig jung. Also haben wir jede Menge Zeit.“

An der Leinwand der Vergleich: Der durchschnittliche Fußballfan ist 39, der durchschnittliche League of Legends Fan 21 Jahre alt. Und Dechelotte gibt Kritikern mit einer rhetorischen Frage zu denken:

„Ich spielte als Kind Keyboard und meine Mama unterrichtete mich darin. Später begann ich mich für DJing zu interessieren und meine Mama reagiert mit „Das ist doch keine Musik“. Bei der Diskussion um Esport als Sport ist es dasselbe. Die Frage ist doch: Will man Teil dieser Generation sein, oder nicht?“

Schalke 04: Mittendrin, statt nur dabei

Alexander Jobst (Vorstand Marketing, Schalke 04) der sich durch sein Engagement im Esport bereits die Finger verbrannt hatte, stand dieses Jahr wie viele andere nicht mehr mit verklärter Euphorie, sondern mit pragmatischem Optimismus auf der Bühne.

„Wir sprechen nicht von einem Hype, sondern vom Phänomen Esport. (…) Der Esport wächst rasant und das ist für uns der Beweggrund, warum wir auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten definitiv dieses Feld besetzen wollen und es als Wachstumsfeld sehen.“

Dabei beschreibt er gegenwärtige wie zukünftige Problemfelder, die viele Marken betreffen und die mit dem Engagement ausgemerzt werden sollen.

„Wir wissen, die Marke Schalke 04 muss sich dynamischer, innovativer und entsprechend auch zielgruppenorientierter für die Zukunft aufstellen. (…) Kein anderes Medium als Esport bedient diese Wachstums-, Digitalisierungs-, Internationalisierungs- und Markenentwicklungsfelder besser, zielgerichteter, passgenauer und vor allem effizienter als das Thema Esport.“

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Gepostet von SPONSORs am Mittwoch, 30. Januar 2019

Rückblickend weiß Jobst, dass der Schritt sich auf vielen Wegen bereits bezahlt macht, etwa in der Partnerakquise.

„Unser Vermarktungsteam hat hier schon sehr große Erfolge erzielt. Wir merken ganz deutlich, dass wir mit Branchen und Unternehmen in Gespräche, Diskussionen und Vertragsabschlüsse kommen, die wir zum klassischen Kerngeschäft nicht ziehen können. Die Kombination Fußball-Esport hat ein deutliches Erfolgsmodell mit sich gebracht.“

FIFA: Die Zeiger stehen richtig

Tatsächlich beobachtet und partizipiert der Fußballweltverband schon seit Jahren am Gamingtrend, getragen durch die Tätigkeit von EA Sports‘ Fußballsimulation. Und auch Christian Volk (Head of Digital Marketing, FIFA) weiß um das Potenzial.

„Die Esport-Zielgruppe wächst im zweistelligen Bereich, das ist keine neue Erkenntnis. Spannend wird es, wenn man in Betracht zieht, dass ein Drittel der Weltbevölkerung sich für Gaming begeistert. Esport ist ein relativ kleiner Teil davon, aber interessant ist doch, wohin sich das entwickeln kann.“

Auf die Frage, ob Teams Esport auch als Teil ihrer internationalen Markenstrategie nutzen werden, antwortet Volk: „Kann ich mir gut vorstellen, weil Esport im Bereich Fan-Engagement und Brandbuilding extrem interessant sein kann, Mehrwerte bieten kann.“

DOSB und DAZN: Kein Handlungsbedarf

Selbstverständlich standen auch Sprecher am Pult, die Esport mit Vorsicht begegneten und nicht als Teil ihrer Agenda verstehen möchten. Allen voran Veronika Rücker (Vorstandsvorsitzende, Deutscher Olypmischer Bund), die ihre kürzlich publizierte Stellungnahme erneut wiedergab:

„Egaming ist nur schwer mit dem Dach von Sportdeutschland vereinbar.“

Dennoch erwähnte auch sie das, was alle Beobachter der Branche feststellen:

„Wir akzeptieren und respektieren das Esport-Phänomen und wissen, dass Esport weiterwachsen wird. Ebenso ist uns seine Rolle und Bedeutung in der Jugendkultur bewusst.“

In einem ähnlichen Lager befindet sich überraschenderweise Thomas de Buhr (EVP, DAZN), welcher Esport nicht als relevantes Thema für seine Plattform sieht, jedoch in einem Nebensatz auch zu verstehen gibt, wieso das so ist:

„Ich war selber einmal eingeladen in Hamburg zu einem großen Event. Dort wurde Dota2 gespielt, ich hab das vorher noch nie gespielt und ich war restlos überfordert. Das war voll wie bei einem Rockkonzert, da hast du gedacht, hier spielen die Stones und es war die Stimmung wie bei einem Fußballspiel; ich habs nur überhaupt nicht begriffen und ich konnte es nicht nachvollziehen und ich werde mich da nicht hineinbewegen.“

SAP und DHL: Perspektive durch den neuen Kanal

Die Weiterentwicklung des Employer-Brandings schrieb sich Christine Schröder-Schönberg (Head of Global Sponsorships, DHL) auf die Fahne. Dabei spannte sie bei ihrem Vortrag den Bogen zwischen Esport und der kommenden Arbeitnehmergeneration.

„Wir wissen alle, dass lineares TV nicht mehr so gut funktioniert, wir wissen auch, dass die klassischen Marketingansätze in dieser neuen Jugendkultur ebenfalls nicht mehr funktionieren und da wollten wir frühzeitig dabei sein, um Markenarbeit in einem frühen Alter zu starten und auch mit authentischen, relevanten Stories zu punkten.“

Derselbe Beweggrund trieb auch SAP an, eine Partnerschaft mit Team Liquid einzugehen. In der unmittelbaren Resonanz fand Lars Lamadé (Head of Global Sponsorships EU, SAP)direkte Bestätigung für die Investition in den Esport.

„Wir haben die Meldung unseres Sponsorings herausgegeben, die hat sich per Social Media verbreitet und am nächsten Tag kamen bereits einige spontane Bewerbungen von Leuten, die ihre Motivation damit begründeten, dass wir scheinbar ein cooles Unternehmen sind, weil wir eben im Esport aktiv sind.“

Er gab sich auch nicht scheu anzuerkennen, dass die Strahlkraft einer Marke außerhalb des eigenen Segments endlich ist und Unterstützung bedarf.

„Einem 15-jährigen auf der Straße sagt SAP nichts; er kennt Mercedes, Facebook, Google, Snapchat, aber nicht SAP. Darum haben wir uns die Frage gestellt, wo sich die jungen Kräfte tummeln und Esport als Medium ist für uns die Antwort darauf.“

Prosieben und Vodafone: Aus Erfahrung besser

Laut Stefan Zant (Managing Director, ProsiebenSat1 Sports) hat die Esport-Industrie noch einige Hausaufgaben zu machen. Etwa die raffiniertere Aufbereitung von Content, die auch in klassischen Kanälen stattfinden müsse, um die gesellschaftliche Relevanz des Themas zu erhöhen.

„Esport ist nochmal einen Ticken komplexer als die NFL. Ich würde lügen, wenn ich sage, ich hätte LoL und Dota2 verstanden. Ich hab mich damit beschäftigt, ich verstehe es immer noch nicht. Aber das sind Themen, die wir in die breite Masse tragen müssen und deshalb redaktionell aufbereiten.“

Das deckt sich mit der Meinung von Gregor Gründgens (Director Brand Marketing, Vodafone), welcher auf dem SPOBIS 2019 tiefe Einblicke in die hauseigene Esport-Aktivierungsstrategie gewährte.

„Wir haben festgestellt, wenn du einen Menschen auf der Straße fragst, oder die Eltern in der Schule, die haben keine Ahnung vom Esport. Wir haben es uns darum auch zum Ziel gesetzt, Aufklärung zu betreiben, indem wir das Thema in Mainstream-Medien bringen. Dadurch erreicht das Thema auch eine breitere Öffentlichkeit. Wir haben etwa in einer Doku über den Sport ansich, über die Kultur und auch die Rolle der Frau in dieser Welt berichtet.“

Die Zusammenarbeit mit erfahrenen Stakeholdern aus der Community versteht er dabei als wichtigsten Grundstein für den Erfolg von Marken und ihren Kampagnen.

„Wir, Vodafone als Semi-Endemic Sponsor, mit wenig Ahnung und Kompetenz in dem Bereich, haben jemanden gebraucht, der uns diese Kompetenz überträgt. Und wir haben mit Mousesports ein Team unter Vertrag genommen, aber eigentlich haben die uns gesponsert. Denn wir haben gesagt: Ihr müsst uns da rein bringen und ihr müsst uns helfen zu verstehen, wie das eigentlich funktioniert.“

SK Gaming: Deutsches Erfolgsmodell

Alexander Müller (Geschäftsführer, SK Gaming) begleitet den westlichen Esport seit Stunde 0, verhandelt mit Großkonzernen und weiß um die Attraktivität dieses Sektors. Gerade beim Kampf um die Aufmerksamkeit sieht er ihn klar im Vorteil:

„Wenn du dir heute eine League of Legends Partie ansiehst, passiert alle drei Minuten ein Highlight. Der Zuseher ist bereit, langfristig auf den Schirm zu schauen, sein Popcorn dagegen zu schmeißen, weil das was da passiert, interessant ist.“

Viele Marketer bekritteln die großen Zahlen, die in dieser Branche oft im Raum schwirren. Müller zeigt auf, dass man diese in einem korrekten Verhältnis zu verstehen hat und dass KPIs nur so Sinn ergeben:

„Wir arbeiten, wenn wir kommunizieren und reporten, nicht mit Followern, nicht mit Likes, sondern mit Blinkfire, weil die das Engagement messen. Für uns ist es nicht wichtig, ob wir 2 Million Follower haben, sondern, dass wir hohes Engagement auf Content auf diesen Plattformen nachweisen können. (…) Was bringts mir, wenn ich einen Artikel auf Facebook mit 780.000 Fans teile, den am Ende des Tages nur 50 Leute interessant finden? Wenn aber 20.000 mit diesem Artikel interagieren, dann ist das für mich eine Währung.“

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Kategorien: Esports

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